Prologue

Schon mehrfach bin ich mit dem Fahrrad in den Alpen unterwegs gewesen:

In Verbindung mit dem leichten Rennrad und minimalem Gepäck im sog. Behindset ist dann diese Radtour durch die schweizerischen Alpen mit 8 neuen Pässen entstanden.

Die Alpen Radtour (2)

Vorbemerkungen

n. Tag

(Datum) Start - Ziel: Tages-km, Durchschnittsgeschwindigkeit, Fahrzeit von Herberge zu Herberge/reine Fahrzeit h; Info (Persönliche Paßwertung Auffahrt/oben/Abfahrt: - - Nicht vorhanden, - = Nicht erwähnenswert, * = Ist ok, ** = Das lohnt schon, *** = Imposant!)

0. Tag

(29.9.01) Bahnanreise: Borchen - Chur: 17 km, - km/h, -/- h

Am Wochenende gestaltet sich die Hotelzimmersuche gegen 19:00 schwierig, zumal noch ein Stadtfest gefeiert wird. In Richtung Lenzerheide finde ich aber ein nettes Hotel (Rosenhügel: 73 DM im EZ, DU/WC übern Flur inkl. kleinem Früstück), etwas oberhalb der Stadt gelegen. Das Restaurant gestaltet sich italienisch, so daß ich nochmal richtig zulangen kann. Abends gehe ich runter in die Stadt und trinke noch ein Bier, es gibt 70er Jahre Livemusik.

1. Tag

(30.9.01) Chur - Brail/Cinuos-chel: 101 km, 18.6 km/h, 8:20/5:26 h

Nach einem kleinen Frühstück fahre ich los ..., und es geht gleich in einen 10%-Anstieg, denn das Hotel lag ja schon in Richtung Lenzerheide und somit auch in Richtung Paß. Das Wetter ist bedeckt, Regen ist angesagt. Die ersten 5 km bis Malix geht es mit ca. 10%, die 5 km bis Churwalden folgen kaum Steigungen und die letzten 5 km zum Paß geht es nochmals mit rund 10% zur Sache. Nach 940 Hm auf 13 km (∅ 7.2%) fängt es oben auf dem Lenzerheidepaß (1549 m **/-/*) ganz leicht an zu regenen. Die Abfahrt ist sehr gut, die Wolken hängen tief und wo es gerade richtig runter geht, verpasse ich beinahe die Abfahrt nach Brienz (Hier verlaufen zwei Straßen parallel an gegenüberliegenden Hängen, s.u.). Nach Brienz sehe ich durch die Wolken die alte Burg Belfort - die ich bei Sonne ein paar Tage später nochmals zu Gesicht bekommen soll - und schraube mich wieder in die Höhe durch Alvaneu (Sichtweite z.T. unter 100 m), Schmitten (1270 m) und Wiesen. Nach leichtem Gefälle geht es durch einen 2.700 m langen Tunnel. Und wenn gleichzeitig Autos in ihm unterwegs waren, konnte man nicht unterscheiden, ob sie sich von vorn oder hinten näherten; es war ein Kreischen und Klirren, wie das Kreischen von verlorenen Seelen, und man war in diesem Lärm mitten drin, als wäre der Lärm in einem! In Glaris mache ich Mittag, es regnet ja immer noch beständig leicht. Hier in der Schweiz lasse ich mir des öfteren den Hirschpfeffer oder anderes Wild schmecken genauso wie den Tomaten/Morzarella Salat (Caprese: Nähe zu Italien).
Kurz darauf erreiche ich Davos (1535 m), einen zu großen und übervölkerten Ort, den ich schnell hinter mir lasse, um mich dem Anstieg zum Flüela zu widmen. Auf 14 km steige ich 840 Hm (∅ 6.0%), wobei der Regen nachläßt. Die ersten 7 km sind dabei ok und bei den letzten 7 km wird es aber ruppiger. Richtig schön wird die Auffahrt aber erst kurz vor dem Paß. Oben auf dem Flüelapaß (2383 m **/***/***) ist es trocken und die Sonne kommt mal raus. In der Ospizio lasse ich mir den heimischen Nußkuchen schmecken bei einem Kaffee. Für die Abfahrt packe ich mich warm ein, es geht auf 14 km 900 Hm runter. Dabei fahr ich schon auf den ersten Kilometern mit gut 45 km/h in die erste Kombination hinein ..., und es wird noch kurviger und steiler! Unten in Susch angekommen scheint die Sonne, ich ziehe mich am Bahnhof der Rätischen Bahn um und gerade begegnen sich die beiden Schmalspurzüge. Dann rolle ich das Inntal hinauf nach Zernez und weiter bis Brail/Cinuos-chel, wo ich im Hotel übernachte (86 DM im EZ mit DU/WC inkl. Frühstücksbuffet). Vor dem Abendessen bummel ich noch durch den Ort, der alte (Bauern-)Häuser in einem diesem Landstrich eigenen Baustil aufweist.

2. Tag

(1.10.01) Brail/Cinuos-chel - Maloja: 107 km, 19.5 km/h, 8:19/5:29 h

Morgens nach dem Frühstück ist es kalt und nebelig. So rolle ich erstmal zur Telefonzelle, melde mich telefonisch bei Alfredo Gios in Settimo Turinese an und reserviere per Email mein Zimmer in Castiglione Falletto. Dann fahre ich mich warm durch S-chanf und Zuoz (1670 m), beides sehr schöne Dörfer, wobei mir letzteres noch besser gefällt. In la Punt-Chamues-ch angekommen, scheint schon die Sonne und es wird warm. Ich biege für die Auffahrt nach recht ab, überquere die Bahn und bin schon mitten in der ersten Steigung. Ab sofort fahr ich nur noch in Trikot weiter. In vielen Serpentienen schraube ich mich in einer tollen Landschaft nach oben, immer wieder gibt es schöne Blicke in's Inn-Tal. Auf der schmalen (Neben-)Straße gibt es kaum Verkehr! Nach 5 km ist der ruppige Anstieg vorbei und es geht etwas gemütlicher vorwärts. Schon nach weiteren 5 km und einem tollen Tal folgend mit rechter Hand weit aufragenden schneebedeckten Gipfeln erreiche ich den Albulapaß (2312 m ***/***/***). Auf den insgesamt 10 km stieg ich 628 Hm (∅ 6.3%) an. Oben genieße ich draußen sitzend die Sonne bei einem Kaffee.
Die Abfahrt gestaltet sich als rasend: Auf einer recht holperigen, schmalen Straße geht es in kurviger Fahrt hinunter. Bei Preda kommt die Bahn aus dem Tunnel und hat jetzt die Aufgabe, sich in vielen Windungen und spektakulären Kurven, die z.T. fast komplett in Tunnels verlaufen, hinab- bzw. hinaufzuarbeiten. Denn gerade macht sich ein Zug an die Auffahrt: Ich bringe mein Rad zum Stillstand und sehe den Zug dreimal an mir vorbeifahren in unterschiedlichen Höhen, bis er dann auf einem Viadukt die Talseite wechselt! Eine eindrucksvolle Ingenieurleistung. Über Bergün und Filisur fahre ich - Belfort in der Ferne - nach Tiefencastel, wo ich wieder schön essen gehe.
So gestärkt kann ich mich dann bei klasse Sonnenwetter an die nächste Auffahrt machen: Diesmal geht es über 35 km 1400 Hm hinauf (∅ 4.0%), wobei es die letzte 9 km mit durchschnittlich 5.4% bergan geht. Doch zuerst geht es sofort aus Tiefencastel mit einer satten Steigung - z.T. im Tunnel - hinaus. Es folgen einige sehr flache Kilometer bis Tinizong, dann ein paar Kilometer mit 6.6% bis Rona, wieder eine verdächtig flache Etappe bis Sup und wieder steilere Stücke bis Bivio (1799 m). Und so zieht es sich auch die letzten 9 km hin bis zum Paß ..., zermürbend. In den letzten Serpentinenstücken sehe ich dann schon das Ospizio 'la veduta (die Aussicht)' ..., doch der Kiosk am Paß liegt noch etwas höher:-| Erschöpft komme ich oben am Julierpaß (2284 m ***/**/***) an. Ich stärke mich bei Kuchen, Kaffee und Baguette und genieße die Aussicht, während ich vor dem Kiosk in der Sonne sitze. Eine kleine Unterhaltung gibt es dann noch mit einem älteren Wohnmobil-Ehepaar aus Heidelberg. Mit durchschnittlich 6.8% geht es dann 7 km hinab in eine Art Hochtal (Oberengadin). Gegenüber ragen die schneebedeckten Gipfel eindrucksvoll bis zu 4000 m auf. Von Silvaplana (1815 m) geht es mit viel Gegenwind an verschiedenen Seen und Sils/Segl Maria vorbei zu meinem dritten 'Paß' an diesem Tag: Maloja (1815 m - -/**/**). Dort oben übernachte ich im Hotel Maloya=Kulm, einem uralten Gebäude mit traditionsreicher Historie (99 DM EZ inkl. Frühstücksbuffet)! Die Wolken hüllen den Paß schon ein, als ich mich zu einem Rundgang durch den Ort aufmache und vorher noch einen Blick auf die Abfahrt am nächsten Tag werfen will. Recht gespenstisch ist das, obwohl die Wolken beim Rückblick in das Hochtal (Oberengadin) oftmals aufreißen und den Blick freigeben auf sonnenbeschienene 3000+er! Wieder gibt es ein gutes Essen und lecker Wein.

3. Tag

(2.10.01) Maloja - Como (Turin): 120 km, 29.4 km/h, 6:08/3:45 h

Nach einem ausgiebigen Frühstück packe ich mich warm ein für die Abfahrt, denn der Paß liegt noch immer in Wolken. Direkt vom Hotel geht es in die Serpentinen, die sich in engen Kurven nach unten stürzen. Der Himmel ist bewölkt, doch unter der Wolkendecke ist es nach kurzer Zeit schon recht angenehm warm. In Castasegna überquere ich die Grenze nach Italien und erreiche Chiavenna. Dort suche ich sofort eine meiner geliebten Cafe-Bars auf, wo man einen Cafe al banca trinken kann. So gestärkt mache ich mich auf der S36 auf den Weg in Richtung Lago die Como. Meiner Meinung nach gehört dieser See mit dem Lago die Lugano und dem Vierwaldstätter See zu den drei Schönsten der Schweiz, wenn nicht sogar der gesamten Alpen. Die Straße ist gut befahren, so daß ich meinen Plan, rechtsseeisch (gibt's das Wort überhaupt?) über Menaggio nach Como zu fahren, fallen lasse und linksseeisch (s.o.:-) - es gibt dort auch eine Autobahn, die gößtenteils in Tunneln geführt wird - über Varenna und Bellagio nach Como fahre.
Nach Colico und Laghetto verliert sich der Verkehr wirklich und es geht am See entlang durch viele kleine Tunnels und Gallerien und nie auf einem Niveau mit immer schönem Blick auf die Gegenseite nach Varenna! Dort angekommen warte ich paar Minuten auf die nächste Fähre und setze nach Bellagio über, wo ich mich niederlasse in einem Restaurant am See mit Blick auf Menaggio auf der Gegenseite. (Mehrere Male war ich in Menaggio und hätte dort gerne in einem bestimmten Cafe gesessen: Vgl. Passage über Menaggio.) Nach dem Essen reiße ich mich los, denn von Como will ich heute mit dem Zug noch Settimo erreichen. Auf einer recht schmalen und kaum befahreren Straße geht es weiter. Aber nie direkt auf Seeniveau, sondern immer auf und ab, wie gerade die Dörfer am Seehang gelegen sind. Mittlerweilen kommt auch die Sonne verstärkt heraus und es bestätigen sich 2 Dinge: Nämlich daß der See ungeheuer schön ist und der Verkehr auf der Straße am gegenüberliegenden Ufer erheblich dichter ist als auf dieser Seeseite. Besonders schön in Erinnerung bleibt mir der Ort Nesso auf dieser Strecke und es ergeben sich immer wieder tolle Blicke über den See und auf die andere Seeseite! Außerdem komme ich gut durch und erreiche den Hauptbahnhof in Como zeitig: Es bleibt sogar noch Zeit für einen Kaffee im Bahnhofscafe (al banca:-) Die anschließende Fahrt mit ein paar Bummelzügen nach Settimo Turinese gestaltet sich als ganz entspanend, obwohl die Qualität des Zugmaterials nicht so ganz die Beste ist. Settimo erreiche ich so gegen 18:30 und will mir sogleich ein Hotel suchen. Da sich mir die Situation auf der Fahrt vom Bahnhof in's Zentrum nicht so gleich erschließt und es schon dunkelt, frage ich in einem Fahrradladen nach, in dem sich noch paar Rennradfahrer aufhalten. Ergebnis: Es gibt in Settimo - was will man dort auch? - nur eine Art Privatzimmer-Vermietung (completo) und etwas außerhalb ein 4-Sterne Hotel (190.000 Lire:-( So entschließe ich mich dazu, für 2.300 Lire mit dem Zug nach Turin zu fahren (20 Min.). Dort quartiere ich mich dann ohne langes Suchen im Hotel Dock Milano gegenüber dem Bahnhof Ponte Susa ein (131 DM im EZ DU/WC inkl. Frühstücksbuffet). Abends bummel ich noch durch Turin, speise in einer Jugend-Pizzeria bei Mailänder Bier und lauter MTV-Musik und nehme auf dem Heimweg noch einen Kaffee ein (al banca:-)

4. Tag

(3.10.01) (Turin) Settimo Turinese - Castiglione Falletto: 124 km, 23.8 km/h, 7:50/5:12 h

Nach dem Frühstück fahre ich mit einer Art Schinenbus zurück nach Settimo und finde dort nach einigem Suchen die Halle der Firma GIOS in einem Industriegebiet. Mit Alfredo Gios - den ich unwissentlich auf der IFMA in Köln 2 Wochen vorher kennengelernt habe - unterhalte ich mich ein wenig über's Rennradfahren und bekomme zum Schutz des Lacks am Rahmen drei Art Plaketten, die unter der Anweisung von Alfredo selbst von einem Mechaniker unter den Nüllen der Brems- und Schaltzüge angebracht werden. Nach einem Photo in der Halle - die mit gerahmten Trikots mit Unterschrift, alten Rennmaschinen, den aktuellen Modellen, Rahmen an den Wänden usw. vollgestellt ist - verabschiede ich mich und mache mich auf den Weg in die Barolo-Gegend. (Wer gerne einen Tag verschenkt, kann den Meister so in seiner Werkstatt erleben.) Es ist herrlicher Sonnenschein und es geht strikt nach Süden über den Po und östlich an Turin vorbei über eine Hügelkette. Phantastisches Herbstlaub kündigt von der fortgeschrittenen Jahreszeit und auf diesen Nebenstrecken ist kaum etwas los, so daß es herrlich ruhig ist. Über Chieri und Poirino geht es über kleinste Straßen nach Ternavasso (alte Domäne?), die auf meiner Michelin 1:400.000 schon gar nicht mehr eingezeichnet sind. Und über Ceresole Alba - wo ich einen Mittagssnack einnehme - und Sommariva del Bosco - wo ich die bisher leicht hügelige Roero-Landschaft verlasse - erreiche ich Bra (24 Grad C), von wo es in Richtung Cherasco geht. Und über den Tanaro geht es dann auch schon in die Anfahrt nach La Morra, insgesamt 225 m gleichmäßig hoch auf 5.5 km. Dort oben (20 Grad C) gibt es einen schönen - leider etwas diesigen - Blick nach Barolo, Monforte, Serralunga und Castiglione Falletto, wo ich übernachten werde. Leider ist die Enoteca Vinbar heute geschlossen, so fahre ich nach Barolo, wo ich im La Cantinetta noch einen Barbera probiere. Weiter fahre ich nach Monferato und gebe in einer Enoteca eine Bestellung auf. Auf dem - hier im Barolo-Gebiet immer etwas hügligen - Weg nach Castiglione Falletto halte ich noch bei Carla und Beppe Albesi an, die gerade bei der Weinlese sind. Im Gespräch bieten sie mir ein paar Trauben an und ich erfahre, daß sie in der fernen Zukunft in Böblingen einen italienischen Spezialiätenhandel aufmachen wollen. Und da Frankfurt nicht so weit weg liegt von Böblingen, werde ich kurzerhand zur Eröffnung eingeladen:-) In Castiglione Falletto ist meine Unterkunft noch nicht offen, so daß ich direkt auf die La Terrazza Bar zur Frau Renza fahre. Und noch ehe ich meine Fahrjacke ausgezogen habe, kommt sie heraus um einen Gast zu bedienen und muß herzlich lachen, als sie mich in meinen Rennschuhen sieht. Bei dieser herzlichen Begrüßung fühlt man sich doch gleich wieder heimisch. Bis meine Herberge auf macht, sitze ich bei ein paar Glas Wein auf der Terasse und ich gebe auch gleich die Bestellung auf. In der Herberge esse ich nach dem Beziehen des Zimmers zu Abend (61 DM im DZ mit DU/WC; kl. Frühstück 5 DM): Pietro überlasse ich dabei die Wahl der Vor- und Hauptspeisen inkl. schwarzem Trüffel sowie der Weine (Weißwein zu den 3 Antipasti, Rotwein - Dolcetto - zu den 2 Hauptgerichten und Muscato zum Dessert). Musik gibt es im Restaurant eigentlich keine, eine sehr entspannte Atmosphäre; die gibt es nur in der Küche, wo laut mitgepfiffen und -gesungen wird:-) Abends verschlägt es mich dann noch mal zur Signora Renza ...

5. Tag

(4.10.01) Castiglione Falletto - Alba (Biasca): 26 km, 24.4 km/h, 1:31/1:03 h

Mit einem kleine Frühstück beginne ich den Tag und nach einem Plausch mit Pietro werde ich vor der Abfahrt noch Franco vorgestellt, einem alten Rennradfahrer. Naja, er ist auch schon etwas in die Jahre gekommen und hat sicher öfter sehr gut bei Pietro gegessen:-) Bei Sonne starte ich und fahre durch Barolo nach La Morra - etwas diesig, doch die Färbung des Laubes reicht hier von hellgrün bis gelb, z.T. noch dunkelgrün ober schon tiefrot, wo ich in der Vinbar noch meine Bestellung aufgabe: Was hat es nur mit diesen Bestellungen auf sich? Da mein alter Mitbewohner ein paar Tage später - mit dem Mietwagen - durch's Piemont reist, lädt er bei allen Enotecas, wo ich eine Bestellung hinterlassen habe, die Weine in's Auto. Die Liste dafür erhält er in der Herberge bei Pietro. Nach einem Glas Wein geht es dann in einem schnellen Ritt von La Morra hinunter über S. Maria nach Alba, von wo ich mit dem Zug über Nizza Monferrato, Alessandria, Mailand und Como nach Biasca fahre. Hier steige ich im Hotel de la Poste ab (79 DM alleine im DZ mit DU/WC inkl. Frühstücksbuffet). [Warum habe ich mich nur um einen Tag verrechnet und hier eine Ruhetag eingelegt? Naja ..., zum Glück eigentlich.] Ich hätte der reinen Rechnung nur bis Como fahren müssen - dann wäre die Bahnreise nach Turin ein regelrechter Abstecher gewesen - und habe so einen Tag übrig, den ich in Brig in der Sauna verbringen will.

6. Tag

(5.10.01) Biasca - St. Gotthard: 107 km, 18.1 km/h, 8:14/5:54 h

Frühstück ok, dann geht es mit Bewölkung etwas kühl los - in Biasca selbst bei Kilometer 1 suche ich noch einen Barbier auf, der Bart zwackt doch im Riemen des Helms - und ich mache mich an den Aufstieg zum Lukmanierpaß: 42 km und 1600 Hm! Durchschnittlich sind das ca. 3.8%. Das hört sich langweilig an, ist es dann auch: Kein bißchen anspruchsvoll gestaltet sich die Auffahrt, lediglich die Anfahrt zum Cima di Pinadee verzeichnet eine Doppelpfeil in der Michelin-Karte, doch alles ist im Sitzen zu fahren. Nur kurz vor dem Paß im Valle Santa Maria - einer Art Hochebene - ist die Landschaft etwas beeindruckender, vielleicht hätte ich die gesperrt alte Straße fahren sollen. Hier die Details der Auffahrt des - mit dem Col du St. Petit Bernard - langweiligsten Passes: 12 km mit 1.6%, 4 km mit 5.1%, 4.5 km mit 3.9% und 21 km mit 5.0%, alles mit paar sunny spots. Oben gibt es vor der höchsten Stelle - die in einer Galerie liegt:-( eine Hospiz, bei der ich gegen meine Gewohnheit keine Pause einlege. So verlasse ich den Lukmanierpaß (1916 m */*/**) (∅ 16.1 km/h) und halte nur kurz an der Staumauer des Sees (links am Hang die Galerie) an für ein Photo und um mich warm anzuziehen. Auf den ersten 14 km der Abfahrt gibt es nur ganz paar Serpentinen. Nach Curaglia allerdings wird es recht interessant: Erstens kommt die Sonne raus, die Straße verläuft recht steil durch eine Schlucht mit reichlich Kurven, Brücken und durch Tunnels und das Laub weist eine tolle herbstliche Färbung auf. In Disentis/Muster (1130 m) mache ich um 13:00 Mittag mit lecker Essen, draußen in der Sonne mit Blick auf Berge und Bahnhof der Räthischen Bahn! Dann geht es gut gestärkt auf die Auffahrt zum 2. Paß mit 914 Hm auf 20.5 km (∅ 4.5%). Es gibt ein paar Wolken, die Straße verläuft meist neben den Bahnschinen und es geht moderat bergan mit paar steileren Passagen, aber bisher alles moderat. Gekrönt wird der Anstieg zum Schluß mit einigen Serpentinen ruppigeren Anstiegen, ehe man dann den Oberalppaß (2046 m ***/***/***) (∅ 18.0 km/h) erreicht. Oben sitze ich wieder draußen in der Sonne bei Kaffee und Kuchen mit schönem Blick auf die schneebedeckten Bergketten! Hinunter geht es erst mäßig, durch Gallerie und Tunnel, ein Zug der Furka Oberalp Bahn kommt mir entgegen und die Sonne scheint in dieses Tal. Die letzten Kilometer hinunter nach Andermatt geht es in fast schwindelerregenden Serpentinen, während die Räthische Bahn in noch schwindelerregender Linienführung ohne Serpentinen die Steigung bewältigt! Die ganze Zeit dabei habe ich einen schönen - leicht diesigen - Blick hinein in das sonnendurchflutete Tal nach Realp hinüber zum Furkapaß und auf Andermatt mit dem Bahnhof. Unten im Dorf ist es sonnig und ich fahre weiter in kurzer Hose und Trikot. Dann geht es zum dritten Paß des heutigen Tages (678 Hm auf 13 km mit ∅ 5.2%), zuerst nach Hospental in der Hochebene, doch danach steigt das Gelände schon ruppig an und ich merke, daß ich ein paar Höhen- und Kilometer in den Beinen habe. Die ersten Kurven geht es noch, doch als ich oben in Wolken gerate, es merklich kühler und auch schon dunkler wird und es schon flacher auf die Paßhöhe zugeht,merke ich, daß die Beine schwerer werden. Auf dem St. Gotthardpaß (2108 m **/***/**) liegt das Hotel (66 DM alleine im DZ inkl. Frühstücksbuffet, DU/WC am Gang nebenan) in Wolken - es ist nur schemenhaft zu erkennen - und ich freue mich auf eine warme Dusche, einen kleinen Rundgang um das Hotel und lecker Abendessen.

7. Tag

(6.10.01) St. Gotthard - Brig: 90 km, 22.4 km/h, 6:37/4:01 h

[Heute ist der Nufenenpaß dran! Das Wetter soll nicht schlecht werden, ich bin gespannt.] Ich öffne das Fenster ..., blauer Himmel! Hmm ..., denke ich, erstmal raus am Paß schauen. Und während ich etwas kalt und noch nicht ganz wach (kein Kaffee:-| über die Felsen kraxel geht die Sonne auf und taucht ganz langsam die umliegenden Berge in ein warmes, orangenes Licht. Echt klasse! Dann nichts wie zum Frühstück: Paar Touristen sind schon auf den Paß gekommen und natürlich alle Gäste, die man auch schon abends im Restaurant und morgens am Paß gesehen hat. Anschließend treffe ich draußen einen Mountainbiker, der sich anschickt, die alte Paßstraße runterzufahren. Kurz unterhalten wir uns und er rät mir von der alten Paßstraße ab, obwohl ja die Tour de Swiss diese Strecke herauffährt, muß ein echte Highlight sein. Ich entscheide mich für die langweiligere Abfahrt auf der neunen Straße, durch paar Gallerien und Tunnel und mit paar Serpentinen und tollem Blick in das Ticino-Tal. Unten ziehe ich mich für die Auffahrt um und begegne dem Mountainbiker: Der bestätigt mir gleich, daß er selbst nach ein paar Kurven schon keine Lust mehr auf das Kopfsteinpflaster hatte ... Wir fahren gemeinsam los: Die ersten Kilometer passiert auch nicht viel. Nach Bedretto geht es erst richtig zur Sache (nach 8 km). Und hier schaltet der MTB'ler bei ersten Anzeichen von Steigung auf das kleinste Kettenblatt, das Zeichen für mich, mich zu verabschieden. Auf 14 km steigt es jetzt rund 1200 m an (∅ 8.6%)! Ähnliche Steigungen auf diese Distanz kenne ich nur aus den Pyrenäen am Tourmalet und Aubisque. Das Wetter hält sich aber recht sonnig und die Blicke auf die schneebedeckten Berggipfel und hinunter in's Tal machen den Anstieg erst richtig schön. Dann komme ich zu der Stelle, an der wir im Frühjahr (31.5.) den Aufstieg abbrechen mußten. Im Gegensatz zu meiner damaligen Schätzung sind wir nicht 3 km vom Paß entfernt, sondern nur 2 km. Es gibt noch ein paar Kehren, ½ km vor dem Paß aber kann ich schon in den zweiten und dritten Gang hochschalten. Oben am Nufenenpaß (2478 m ***/***/***) an einem kleinen See ist es z.T. sonnig und recht kühl. In der Paß-Hütte trinke ich einen Kaffee und genieße die Aussicht auf die sonnenbeschienen schneebedeckten Gipfel in der Ferne. Danach ziehe ich mich warm an und mache mich auf die Abfahrt nach Ulrichen im Rhone-Tal. Diese ist recht winklig mit bißchen Autoverkehr und recht anspruchsvoll. Die 13 km vergehen wie im Flug (∅ 8.7%) und je weiter ich in's Rhone-Tal abfahre, desto wärmer und sonniger wird es.
Dem Tal folge ich Richtung Brig, rechts geht es nach Gletsch (zum Furka- und Grimselpaß). Ich rolle jetzt immer leicht bergab und kehre in Münster zu einem lecker Mittagessen ein. Immer der Räthischen Bahn folgend komme ich - mit ganz paar Serpentinen - durch eine nette Landschaft nach Brig. Hier quartiere ich mich im selben Hotel wie im Mai ein (Ambassador: 86 DM im EZ mit DU/WC inkl. Frühstücksbuffet). Anschließend kaufe ich die Fahrradkarte am Bahnhof und sitze in der Sonne im Bahnhofsrestaurant mit schönem Blick auf den Bahnhofsvorplatz, wo die Züge der Räthischen Bahn ein- und auslaufen. Abends bummel ich durch den Ort und lasse mir die Pizza schmecken.

8. Tag

(7.10.01) Bahnabreise: Brig - Frankfurt: - km, - km/h, -/- h

Der Tag startet mit Regen:-( Ich bin im Nachhinein froh, mich um diesen einen Tag verrechnet zu haben. So konnte ich den Nufenen bei Sonne und nicht bei Regen fahren.
Ich entscheide mich nach dem Frühstück zum Saunabesuch. Mit dem Bus fahre ich zur - scheinbar - einzigen Sauna in Brig, in einem Sportzentrum (Hotel Olympic). Die Sauna ist vormittags aber noch nicht in Betrieb. Sie wollen sie zwar sofort anstellen, wenn ich mich dafür entscheide, die Aufwärmzeit von ca. 1 Stunde würde mir dann aber recht wenig Zeit zum Saunieren selber lassen. Ich entscheide mich für Kaffee und Zeitunglesen und fahre an Stelle davon lieber früher nach Hause:
So nehme ich den 14:00-Zug durch den Lötschbergtunnel (eine imposante Fahrt am Hang des Rhone-Tals hinauf!) nach Basel. Dort erreiche ich den EC Chiasso-Dortmund, der kein Fahrradabteil hat. Doch der Zugchef erlaubt mir, das Rad ganz hinten im Zug mitzunehmen! Ich baue es vorsichtshalber auseinander und verstaue es hinter den Sitzen (der Zug wird im weiteren Verlauf noch rappelvoll). Die Fahrt am Schwarzwald vorbei genieße ich im Speisewagen und erreiche Frankfurt gut 2 Stunden vorher, als geplant.

Fazit

Es war eine ganz tolle Tour über rund 700 km mit äußerst schönen Pässen (Albula, Oberalp, Nufenen: Wenig Verkehr, kleine Straße, grandioser Landschaft!), herrlichem Wetter und einer herbstlichen Stimmung!
Ich freue mich schon auf die nächste Rennradtour mit dem GIOS und dem Behindset und bin gespannt, wohin es mich führen wird;-)

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